Karl Lauterbach: Aussagen zu Impfschäden sorgen für Aufsehen

Der Bundesgesundheitsminister räumt ein, dass die Corona-Impfung schwere Nebenwirkungen haben kann. Die Aussagen von Karl Lauterbach im ungekürzten Wortlaut.

Karl Lauterbach
Karl Lauterbachdpa

Ein neues Video mit Karl Lauterbach sorgt für Aufsehen. Das Video, das auch über den Twitter-Kanal des Bundesgesundheitsministeriums verbreitet wird, beginnt ohne weitere Erklärung mit den Worten:„ In sehr seltenen Fällen können nach der Corona-Schutzimpfung auch entsprechende Nebenwirkungen vorkommen.“ Bislang hatte Lauterbach bei verschiedenen Gelegenheiten immer wieder betont, die Wirkung sei „nebenwirkungsfrei“.

Im August 2021 fragte Lauterbach noch auf Twitter, „weshalb eine Minderheit der Gesellschaft eine nebenwirkungsfreie Impfung nicht will, obwohl sie gratis ist und ihr Leben und das vieler anderer retten kann“. In der Sendung „Anne Will“ sagte Lauterbach, man müsse immer wieder vermitteln: „Die Impfungen sind halt mehr oder weniger nebenwirkungsfrei. Das muss immer wieder gesagt werden.“

Lauterbach: „Schäbige Desinformation“

Menschen, die anderes glauben, seien Opfer von „schäbiger Desinformation“. Mitte 2021 twitterte Lauterbach in Zusammenhang mit dem Moderna-Impfstoff, die Impfung habe „keine schweren Nebenwirkungen“ für Kinder. Und im vergangenen November sagte Lauterbach (wieder bei „Anne Will“), die Impfstoffe seien „mittlerweile eine halbe Milliarde mal verimpft“ worden. Lauterbach weiter: „Hätte es da Nebenwirkungen gegeben, dann hätten wir das gemerkt.“

Erst kürzlich hatte der Virologe Klaus Stöhr diese Aussagen von Lauterbach scharf kritisiert. „Ein Arzt, der so etwas sagt, sollte keine Approbation haben. Jedes Medikament hat eine Nebenwirkung“, so Stöhr in einer Talkshow des Springermediums Bild. Stöhr weiter: „Für jemanden, der als Bundesminister kommuniziert, würde ich mir mehr Bodenständigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Strategie, langfristiges Denken und eine bessere Vorbereitung erhoffen.“ So sei es versäumt worden, die Bevölkerung verbal auf mögliche Nebenwirkungen vorzubereiten.

„Es gibt also sehr schwere Nebenwirkungen“

Über das nun erschienene Video, in dem Karl Lauterbach jetzt unter anderem einräumt, dass es „sehr schwere Nebenwirkungen“ gibt, die in „sehr seltenen Fällen“ auch tödlich sein können, wird im Netz weiter heftig diskutiert. Befürworter und Gegner der Corona-Impfung zitieren teils unvollständig und interpretieren die Aussagen von Karl Lauterbach höchst unterschiedlich.

Das sind die vollständigen Aussagen von Lauterbach im Wortlaut:

„In sehr seltenen Fällen können nach der Schutzimpfung auch entsprechende Nebenwirkungen vorkommen.“

Können nach der Corona-Schutzimpfung Nebenwirkungen auftreten?

„ Alles in allem sind diese Nebenwirkungen sehr selten, insbesondere die schweren Nebenwirkungen. Es gibt auch keine Impfungen, die jemals so gut in Bezug auf ihre Nebenwirkungen untersucht worden sind wie die Covid-Impfungen.“

Wie hoch ist das Risiko, durch die Impfung zu sterben?

„Das Risiko, durch die Impfung zu sterben, ist sehr gering. Es gibt also sehr schwere Nebenwirkungen. Die kommen manchmal vor, zum Beispiel Thrombosen im Gehirn, die können tödlich verlaufen, aber das ist sehr selten. Weniger als einer von 25.000 entwickelt überhaupt die Komplikationen. Und bei einem kleinen Teil ist diese Komplikation tödlich. Die Wahrscheinlichkeit, an Covid zu versterben, ist viel, viel, viel höher.“

Was ist das Post-Vac-Syndrom?

„Als Post-Vac-Syndrom bezeichnet man das Syndrom, wo nach der Impfung die Menschen sich nicht so gut konzentrieren können wie vorher oder wo also Nebenwirkungen vorkommen. So ähnlich wie bei Post-Covid. Allerdings seltener, viel seltener und auch weniger schwer. Das muss ernst genommen werden, das wird untersucht, das kann man nicht unter den Teppich kehren. Es ist aber nicht vergleichbar mit der Schwere der Erkrankung von Post-Covid.“

Was soll ich tun, wenn ich Nebenwirkungen oder das Post-Vac-Syndrom nach der Impfung feststelle?

„Also wenn man wirklich glaubt, dass man so ein Beschwerdebild hat, dann sollte man sich an seinen Hausarzt wenden. Der meldet die Beschwerden dann auch an das Paul-Ehrlich-Institut, sodass wir dort einen Überblick bekommen. Und darüber hinaus wird dann die Behandlung mit dem Arzt abgesprochen.“

Was tut die Politik, um Nebenwirkungen zu überwachen und gegebenenfalls davor zu warnen?

Wenn es Nebenwirkungen gibt, wie zum Beispiel damals bei Astrazeneca, als wir diese Sinusvenenthrombose gesehen haben, haben wir darüber aufgeklärt. Wir haben mit den Ärzten darüber gesprochen. Wir haben das Impfkonzept dann geändert, sodass diese Impfung nicht mehr genutzt wurde für diejenigen, für die ein besonderes Risiko bestand. Und jetzt wird diese Impfung von uns auch gar nicht mehr eingesetzt. Wir reagieren schon darauf. Wenn wir ein Problem sehen bei der Impfung, dann wird das gelöst und die Impfung wird angepasst. Die Impfstoffe, die nicht so gut sind, die werden dann auch nicht mehr benutzt.

„Ich würde empfehlen, solche Äußerungen zurückhaltend zu tätigen“

Professor Dr. med. Bernhard Schieffer ist Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und internistische Intensivmedizin am Universitätsklinikum in Marburg. Er betreut in einer speziellen Ambulanz Patienten mit dem Post-Vac-Syndrom. Schieffer kommentiert die Äußerungen von Karl Lauterbach so: „Herzlichen Dank, dass Sie die Initiative der Aufklärung übernehmen Herr Prof. Lauterbach! Wir am UKGM Marburg unterstützen gerne Hausärzte und PEI in der Erfassung Behandlung und Erforschung des Post-Vac Syndroms“.

Und weiter: „Leider decken sich ihre Äußerungen zu Schweregrad von Post-Vac, der geringer als Long-Covid sein soll, nicht mit unseren klinischen Erfahrungen. Ich würde empfehlen, solche Äußerungen zurückhaltend zu tätigen, da Betroffene jedweder Erkrankungsentität vor den Kopf gestoßen werden.“