Mittwoch, 11.05.2022 | 06:18

Kritik an deutscher Corona-Strategie

Epidemiologe: „Der virologische Tunnelblick hat uns viele Nebenwirkungen beschert“

Nach zweieinhalb Jahren Pandemie stellt sich die Frage, wie erfolgreich das Corona-Krisenmanagement in Deutschland war. Kritik daran äußert jetzt der Epidemiologe Martin Sprenger.

Er war 2020 Mitglied der Corona-Taskforce des Gesundheitsministeriums in Österreich. Im Interview mit der „Welt“ kritisiert er etwa die langen Schulschließungen. „Dass man in Österreich und Deutschland zum Beispiel nicht schon früh erkannt hat, dass es nicht sinnvoll ist, Schulen zu schließen, ist ein Armutszeugnis.“

Epidemiologe kritisiert Corona-Datenbasis

Ebenfalls kritisch sieht Sprenger die Corona-Datenbasis in Deutschland. Zudem habe sich die Politik – etwa im Vergleich zu den skandinavischen Ländern – zu stark auf die virologischen Folgen der Pandemie fokussiert. „Ich kritisiere (…), dass uns der medizinisch-virologische Tunnelblick viele blinde Flecken, viele unerwünschte Nebenwirkungen beschert hat, die jetzt sichtbar werden“, urteilt der Epidemiologe. Laut Sprenger habe die Bundesregierung die Pandemie viel zu spät als ein gesamtgesellschaftliches Ereignis betrachtet.

Politik sollte in Zukunft psychische, soziale und gesundheitliche Folgen im Auge haben

Der Epidemiologe sagt: „Sie betrifft uns alle, vom ungeborenen Kind bis zum sterbenden alten Menschen. Dadurch wurden viele gesundheitliche und psychosoziale Effekte ausgeblendet.“ Jetzt gäben sich viele Verantwortlichen überrascht von diesen Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche. Dabei hätten Sozial- und Gesundheitswissenschaftler von Anfang an auf diese Folgen hingewiesen. Für ihre Bedenken seien diese während der Pandemie aber oft diffamiert oder als Maßnahmenkritiker diskreditiert worden, sagt Sprenger.

Die Politik müsse Stimmen in Zukunft ernster nehmen, die sagen, dass es psychische, soziale und gesundheitliche Folgen durch gewisse Maßnahmen geben wird und dass die Ungleichheit der Gesellschaft vergrößert werden könnte.

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